Enno E. Peter

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Welt drehn

Ich laufe die Straßen, an mir vorbei ziehen Häuser, Menschen, Blumen. Ich bewege mich nicht, die Straßen, Häuser und Blumen ziehn an mir vorüber. Ich bewege mich nicht, ich bewege, denn ich ruhe in mir. Würde ich mich bewegen, müßte ich mich von etwas weg bewegen. Von mir gehn. Ich kann von Dir gehn, nicht von mir. ICH DREHE DIE WELT. Wenn ich schlafe, ruht alles - auch die Welt. Erwache ich, bewege ich. Die Scheibe dreht sich, sobald ich erwache.

In fremden Ländern bin ich gewesen. Dafür bestieg ich ein Flugzeug. Dieses erhob sich an der Stelle, an der es gestanden ist. Als ich ausstieg, mußte ich mich viel bewegen, um endlich anzukommen, das war schwer. Es fällt nicht leicht, zu reisen, die großen Entfernungen zu bewegen. Daß ich dafür Geld gab, verstand ich nicht. Auch sah man im Flugzeug nichts, nur Wolken. Wir verharrten ja an dem gleichen Ort. Ich beschwerte mich, man verstand nichts.

Ich las ein Buch über das Reisen, in dem alles falsch war. So wurde behauptet, "Reisen erweitert den Horizont". Ich bin aber überall gleich - ich. Mein Horizont. Die Maschine, die meine Welt antreibt. Wenn man auf dem Meer steht, ist der Horizont nicht zu erreichen, ebenso ist es in Bergen. Das ist immer mein Horizont und der ist immer mein Horizont. Nur einmal nicht: Da dachte man, ich sei krank und schloß mich in ein Zimmer, das hat keine Fenster. Man kann von Wand zu Wand laufen und ich sehe nur Wand. Das ist anders. Das ist schlecht. Aber man hat sich geirrt, als man glaubte, ich sei krank und mich in das Zimmer schloß. Das ist, was ich sagen muß, zu dem falschen Buch, in dem stand "Reisen erweitert den Horizont".

Wenn mir alles zur Anstrengung wird, der Motor von diesem allem zu sein, schließe ich die Augen. Dann ist Pause, die Welt ist verschwunden. Aber nur so zum Spaß schließe ich die Augen, um zu sehn, ob sie wiederkommt, wenn ich die Augen nicht mehr schließe. Manchmal habe ich Angst, wenn mir alles zur Anstrengung wird und ich dann die Augen schließe, denke ich: die Welt wäre weg und ich allein. Aber das war noch nie so. Nur wenn ich tot sein werde, wird alles kaputt sein. Die Augen gehen nicht mehr auf und die Welt ist dann öd und Gott muß kommen, noch mal. Ich kann da niemandem helfen, auch nicht den Leuten, die von sich sagen, daß sie mich gern haben, kann ich helfen, nicht einmal denen. Wenn Gott kommt, bin ich tot, aber das merke ich ja nicht mehr. Ich bin dann tot.