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Der Tiger und der
kleine Stern.
Ein Märchen. In einem Dschungel lebte einst
ein Tiger, der war groß und kräftig und kannte keine Angst noch Not. Eines Tages ging
der Tiger wieder einmal auf die Jagd. Und wie er so den Tag lang im Wald jagte und lauerte
und sprang und eigentlich auch schon nicht mehr genau wußte, was er da jagte, bemerkte
er, daß der Wind anders durch die Wipfel rauschte. Er ging weiter und sah, daß die
Pflanzen andere Farben und Formen besaßen, als die, die er gewohnt war zu sehen. Auch als
er weiterging, entdeckte er, daß die Tiere um ihn herum eine andere Sprache redeten und
so wurde ihm gewahr, daß er weit von seiner Heimat entfernt war; der Tiger hatte sich
verlaufen.
Kein Wind konnte den gewohnten Geruch der Heimat zu ihm
tragen, keine Pflanze ihm ein Wegweiser sein und die Tiere des Waldes, die Tiere
verstanden seine Sprache nicht. Der Tiger wurde traurig, senkte den Kopf und weinte. Der
Tiger weinte lange, und die Tiere des Waldes sahen ihm verständnislos zu. Die Sonne sank,die
Nacht nahte und noch immer weinte der Tiger. Nach und nach hatte sich eine kleine Pfütze
aus Tränen vor seinem Haupt gebildet. Er starrte sein eigenes Spiegelbild in der Pfütze
fragend an, denn er wußte nicht, wie er jemals wieder den Weg nach Hause finden sollte.
Doch sein Spiegelbild schaute nicht weniger hilflos drein als er selbst.
Da wurde der Tiger einem hellen Funkeln um sein Spiegelbild
gewahr. Er schaute in den Himmel und sah die Sterne über ihm ihr kaltes, fernes Licht an
dem nächtlichen Himmel strahlen. Da erinnerte er sich, was einst ein Weiser zu ihm gesagt
hatte: Nämlich, daß die Sterne auf bestimmten Bahnen kreisen zu scheinen und wer ihren
Weg kenne, sich nach ihnen richten könne. Doch der Tiger hatte natürlich nicht genau auf
das gehört, was der Weise ihm gesagt.
Aber er war nicht dumm und sprach deshalb bei sich:
Hierbleiben will ich nicht, also wähle ich mir einen Stern, um nach Haus zu finden und
verfolge dessen Richtung, auf daß ich nicht im Kreis laufe. So betrachtete er die Sterne
genauer - doch sie sahen sich alle recht ähnlich, bis auf einen kleinen schwach, aber in
mehreren Farben leuchtenden Stern. "Ha", sprach der Tiger, "Du gibst Dir
schöne Mühe beim Leuchten; Dich will ich wählen. " So machte der Tiger sich denn
auf den Weg. Oft war der kleine Stern kaum zu erkennen zwischen den anderen, großen und
die Blätter in den Wipfeln versperrten dem Tiger häufig die Sicht . Und doch gelangte er
nach kurzer Zeit in vertraute Gegend und fand alsbald zu seinem Lagerplatz zurück.
Wenn er heute auf Jagd geht und einmal nicht mehr weiß, was
er jagt und den Weg zurück nicht mehr findet, so schaut er nach oben zu seinem kleinen
Stern und winkt ihm freundlich zu. |